Marin Marais (1656-1728)
Pieces de Viole, 5e livre, 1725
1 Prelude
2 l´Allemande Poisat 2.49
3 Sarabande
4 Le petit badinage
5 Gigue la pointilleuse
6 Saillie du Jardin
7 Le Jeu du Volant
8 Chaconne
Louis Heudelinne (Lebensdaten unbekannt)
Trois Suites de pieces a deux violles …, livre premier, 1701
Seconde Suite pour le dessus de violle en la majeur
9 Prelude
10 Allemande
11 Courante, Double de la Courante
12 Sarabande
13 Gigue
14 Gavotte, Double de la Gavotte
15 Rigaudon, Second Rigaudon, Troisième Rigaudon
16 Sonate en Chaconne
François Couperin (1668-1733)
L´Art de Toucher le Clavecin, 1716
17 Cinquième Prélude pour Clavecin en la majeur
François Couperin (1668-1733)
Pieces de Violes avec la basse chifrée par MR F.C., 1728
2eme Suite en la majeur
18 Prelude
19 Fuguette
20 Pompe funébre
21 La Chemise Blanche
Jean-Philippe Rameau (1683-1764)
Nouvelles Suites de Pièces de Clavecin, 1726/27
22 Gavotte avec les Doubles pour Clavecin en la mineur
Louis de Caix d´Hervelois (1660/70-ca. 1760)
Troisiéme OEvre contenant quatre suites de pieces
pour la viole avec la Baße chifrée, 1728
Troisième Suite en la mineur
23 Prélude
24 Allemande
25 Les Vendengeuses de Monguichet
26 La Sache / Vivement
27 Gigue
28 La Badine
29 Musette
30 La Michel
Focus Baroque:
Holger Faust-Peters, Viola da gamba
Irén Lill, Cembalo
Bassgambe von Christian Brose, 1998 nach Barak Norman (1698)
Diskantgambe von Michael Pilger, 2006 nach Henry Jaye (1676)
Cembalo von Samuli Siponmaa, 2006 nach Jean-Henry Hemsch (1761)
Französische Musik für Viola da gamba und Cembalo – edel, graziös, intim, höfisch. Eine Musik für Wenige, für eine Elite in einem totalitären System. Die kulturelle Blüte, die sich unter dem Sonnenkönig Louis XIV in Versailles entwickeln konnte, wirkte auch über dessen Grenzen hinaus nach Paris und Frankreich.
Louis XIV, in jungen Jahren selber begnadeter Tänzer, hatte verschiedene Musikensembles zu seiner ständigen Verfügung und strenge Regularien legten fest, wann sie im Tagesablauf zu spielen hatten. Eingeteilt waren sie in die Bereiche Musique de la chambre, zuständig für die weltliche Kammermusik und bestehend aus Sängern, Flötisten, Geigern und Continuo- Instrumenten sowie den berühmten 24 violons du roy, in die Musique de la Grande Ecurie für die offiziellen Zeremonien, ausgestattet mit mehreren Ensembles lauter Instrumente wie Trompeten, Trommeln, Oboen, Dudelsäcke u.a. sowie die Musique de la Chapelle Royal für die kirchliche Musik mit unzähligen Sängern sowie umfangreichem Orchester und geleitet von 4 Sous-Maîres.
Der Musikbetrieb, streng hierarchisch organisiert, war sowohl zu Repräsentationszwecken, als auch für das persönliche Amusement des Königs ausgesprochen wichtig. Bereits vor dem Frühstück, das um 10 Uhr stattfand, pflegte Louis eine Stunde lang Musik zu hören, vorgetragen meist von Robert de Viséeauf der Gitarre. Und so wundert es nicht, dass selbst für einzelne Instrumente Musiker mit königlichen Titeln versehen wurden. Marais durfte sich seit 1679 Ordinaire de la chambre du Roy pour la Viole nennen, wie er gerne auf den Titelblättern seiner 5 Bände mit Pieces de Viole erwähnt. Und François Couperin, der Tastenvirtuose, trug den Titel Organiste de la Chapelle du Roy; ordinaire de la Musique de sa Chambre.
Die strenge Form der Suite mit ihren Tanzsätzen, die sich während Louis´ Herrschaft etabliert hatte, galt auch noch Jahrzehnte nach dessen aktiver Tanzzeit als die Form französischer Kammermusik – unterschieden von der Form der Sonate, die aus Italien nach Europa drängte, jedoch in Versailles verpönt war. Die Kernsätze der Suite bildeten Allemande – Courante – Sarabande und Gigue, oftmals von einem Prélude eingeleitet. Diese Sätze finden wir in den Gambensuiten z.B. der Altmeister Hotman, Du Buisson und Demachy. Erweitert wird diese Satzfolge zunehmend durch weitere Tanzsätze wie Gavotte, Menuet u.a. Mehr und mehr streben die Komponisten darüber hinaus nach freieren Kompositionsformen und bedienen sich hier der Charakterstücke, der pieces de caractères, wie sie genannt werden. Vorreiter auf diesem Gebiet ist der berühmte Sr. de Ste Colombe, der in seinen Concerts à deux Violes Esgales bereits Ende des 17. Jahrhunderts eine Vielzahl programmatischer Stücke komponiert hatte. Beliebte freiere Sätze waren zunächst Rondeau, Chaconne, Caprice, Tombeau u.a., später dann zunehmend auch programmatisch benannte Sätze wie Le petit badinage / die kleine Tändelei von Marais, Pompe funébre / Beerdigungszeremonie oder La Chemise Blanche / Das weiße Hemd von Couperin.
Politisch folgten nach dem Tod des Königs Louis XIV im Jahr 1715 zunächst 8 Jahre der Regence, der Übergangsregierung von Philipp II von Orléans, der selbst übrigens Gambenspieler und Schüler Forquerays war. 1723 konnte der Urenkel des alten Königs und rechtmäßige Thronfolger Louis XV die Regierungsgeschäfte übernehmen, nachdem er mit 13 Jahren gemäß der für Könige geltenden Regelung volljährig geworden war. In dieser Zeit wurden verschiedene Bereiche des Lebens liberalisiert, so auch die Künste. Insbesondere wurde die strikte Ablehnung aller ausländischen Einflüsse aufgegeben: In den 1725 erstmals erlaubten öffentlichen Konzerten, den berühmten Concerts spirituels, durften gar in den ersten Jahren ihres Bestehens keine französischen Werke aufgeführt werden! Hier wurde nun u.a. italienische Musik eingeführt, die deutlich ihre Spuren beim Publikumsgeschmack und folglich auch bei den französischen Komponisten hinterließ. Mit seinem Werk Les Goûts réunis etwa versuchte Couperin 1724 eine Annäherung der bisher verfeindeten Stile zu finden. Die hier eingespielte Suite von Caix d´Hervelois ist deutlich unter diesem italienischen Einfluss entstanden.
In der bildenden Kunst sehen wir bei Antoine Watteau (1684 – 1721), wie man sich dem – freilich idealisierten – Idyll der ländlichen Szenen verschrieb. Man liebte es, sich im Freien zum gemeinsamen Musizieren zu treffen, viele Darstellungen zeigen Gitarren, Lauten, Musettes (Dudelsäcke), auch Gamben, gespielt von zwanglos gruppierten gut gelaunten Menschen. Diese Schäferszenen, die Liebe zur Natur und zum einfachen Leben findet auch ihren Weg in die Musik, etwa bei Marais im Satz Saillie du Jardin (Geistesblitz im Garten) oder bei seiner Vertonung des beliebten Federballspiels in Le Jeu du Volant. Ebenso in den Musetten von Caix d´Hervelois oder in dessen Satz Les Vendengeuses de Montguichet / Die Weinleserinnen von Montguichet. Auch die Tändeleien oder Späße (Le petit badinage / La Badine) kann man sich leicht in einer Watteau-Szene vorstellen…
Holger Faust-Peters.
Die CD kann zum Preis von 18 € (incl. Versand) direkt über kontakt@faust-peters.de bestellt werden.
Ars Produktion
ARS 38 516
EAN 4260052385166
Aufnahme: 27.-30.6.11
Release: 01/2012
Dauer: 76:02