Anno 1698
Godfrey Finger (1660-1730)
Sonate A-Dur, ca.1687
Augusto Kühnel (1645-ca.1700)
Sonate o Partite ad una o due Viole da Gamba
con il Basso Continuo, Kassel 1698
Suite XIII a-Moll
Georg Muffat (ca.1653-1704)
Apparatus musico-organisticus, Salzburg 1690
Joan Schenk (1660-ca.1712)
Tyd en Konst-Oeffeningen, Amsterdam 1688
Sonata X C-Dur
Conrad Höffler (ca.1647-ca.1705)
Primitiae Chelicae, Nürnberg 1695
Sonate V d-Moll
Dietrich Buxtehude (1637-1707)
Sonate D-Dur, BuxWV 268
Focus Baroque:
Holger Faust-Peters, Viola da gamba
Irén Lill, Cembalo
Viola da gamba von Christian Brosse, 1998 nach Barak Norman (1698)
Cembalo von Rainer Schütze, 1971 Heidelberg nach Ruckers
Fünf Werke für Viola da gamba und Basso Continuo sowie eine Toccata für Cembalo solo – alle aus der Feder deutscher Komponisten oder solchen, die wesentliche Abschnitte ihres Lebens im deutschsprachigen Raum verbrachten – und doch eine stilistische Vielfalt, die überrascht. Und das umso mehr, da alle Werke innerhalb einer einzigen Dekade, nämlich zwischen 1687 und 1698 erschienen sind. Die Beschäftigung mit dieser Musik erscheint zunächst wie eine Reise durch die europäischen Stile, insbesondere natürlich durch die beiden vorherrschenden Vertreter Italien und Frankreich. Auch englische Einflüsse sind hörbar. Und tatsächlich gab es in dieser Zeit einen regen Austausch der verschiedenen Geschmäcker; nahezu alle der hier gespielten Komponisten unternahmen ausgedehnte Reisen ins Ausland und ließen sich inspirieren von Vorbildern wie etwa Arcangelo Corelli oder Jean-Baptiste Lully. Dennoch aber klingt keines der Werke wirklich ganz und gar französisch oder italienisch; im letzteren Fall ist dies nicht so verwunderlich, da die Gambe in Italien kurz vor 1700 schon keine bedeutende Rolle mehr spielte und die Gambisten die Ideen der Violinmusik für ihr Instrument neu umsetzen mussten. Aber auch die französische Gambenmusik etwa von Marin Marais hat einen deutlich anderen Charakter als die hier gespielte, feiner in ihren Verzierungen und dunkler im Affekt. Zumindest in der formalen Anlage sind jedoch zwei der Kompositionen eindeutig französisch inspiriert. Das hier eingespielte Repertoire verfügt über einige Elemente, die wir vielleicht doch als typisch deutsch einstufen dürfen: Da wäre zunächst der Tonumfang der Viola da gamba, in Frankreich gerade durch eine tiefe siebente Saite nach unten erweitert. In Deutschland setzt sich diese 7. Saite nicht durch, lediglich in Johann Sebastian Bachs Werk wird sie an wenigen Stellen gefordert und in einigen der ganz späten Werke etwa von Johann Gottlieb Graun, die aber erst ein gutes halbes Jahrhundert später entstanden. Hier aber entdecken wir im Gegenteil die verbreitete Ausweitung des Klangraumes in die ganz hohen Lagen, ein Tonumfang von 3½ Oktaven stellt um 1700 für deutsche Gambisten offenbar kein technisches Problem dar. Auch die häufige Verwendung von Doppelgriffen und Akkorden, die im Vergleich zur französischen Gambenliteratur noch verbreiteter ist, zeigt, dass die Gambe in Deutschland ein virtuos gespieltes Instrument war, völlig gleichberechtigt neben der Violine. Auch die geschwinden Läufe geben Zeugnis von Gambenvirtuosen, die keine technischen Herausforderungen scheuten. Zwei der eingespielten Werke schließlich sind im „Stylus Phantasticus“ komponiert. Dieser bezieht sich in seiner freien Kompositionsform einerseits auf die niederländische Schule etwa von Jan Pieterszoon Sweelinck mit seiner Phantasia Chromatica, andererseits auf die Toccaten von Girolamo Frescobaldi; im norddeutschen Raum wird er insbesondere von Dietrich Buxtehude in seinem Orgelwerk zu einem ebenfalls typisch deutschen Stil fortentwickelt.
(Holger Faust-Peters)
Die CD kann zum Preis von 18 € (incl. Versand) direkt über kontakt@faust-peters.de bestellt werden.
Ars Produktion
ARS 38 490
EAN 4260052384909
Aufnahme: 13.-15.05.2008
Release: 01.02.2010
Dauer: 60:00
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